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Deinfluencing – was bedeutet dieser aktuelle Trend in den sozialen Medien?

Deinfluencing – was bedeutet dieser aktuelle Trend in den sozialen Medien?
Warum und wie Influencer*innen in den sozialen Medien immer häufiger darauf setzen, dass ihre Fans dem Konsumwahn abschwören sollten, das erklären unsere Kolleginnen Kira Portleroi und Teresa Brüning in diesem Text.

Klickt man sich durch Tiktok oder schaut man sich die Instagram-Stories auf der eigenen Startseite an, wundert man sich doch eigentlich kaum, dass dieser Trend nun Fahrt aufnimmt: Deinfluencing.

Die unterschwellige Werbung durch Creator*innen und Influencer*innen begegnet uns konstant in unserem Alltag. Nicht selten kommt es vor, dass eine Person über den Tag verteilt vier bis fünf Produkte bewirbt – und das oftmals nicht originell. Nebenbei laufen auf den Profilen auch Gewinnspiele, um das eigene Reichweitenwachstum anzukurbeln. Am besten noch in Kooperation mit anderen Influencer*innen, um auch deren Reichweite zu nutzen. Werbung ist im Social Web omnipräsent, die Qualität des Contents geht dabei oft verloren.

Doch was bedeutet der neue Trend und woher kommt er?

Deinfluencing ist ein Trend, der mit 348 Millionen Aufrufen vor allem auf TikTok zu finden ist. Creator*innen versuchen dabei, ihre Follower*innen auf ihren Überkonsum und nachhaltiges Kaufverhalten aufmerksam zu machen. Sie versuchen außerdem, ihr Publikum auf überteuerte Produkte hinzuweisen und den wahren Wert dieses Produkts zu verdeutlichen. Diese Art des „Anti-hauls“ soll zeigen, welche Produkte sie nicht kaufen, nicht erneut kaufen oder welche Produkte sie aussortieren würden, da diese nicht so gut seien, wie auf Social Media angepriesen.

Der „Anti-haul“ steht im Gegensatz zu der auf TikTok, YouTube und Instagram häufig genutzten Form des „Hauls“. Dabei präsentieren Influencer*innen ihre neusten Einkäufe (häufig in exzessiven Mengen), die sie auf ihren zahlreichen Shoppingtouren gekauft haben. Diese „Hauls“ stehen häufig in keinem Verhältnis zu dem, was ich sich ein „Normalverdiener“ leisten kann, will oder sollte. Dadurch, dass wir alle auf Instagram und Co. mit Informationen, Produktplatzierungen und Werbung überflutet werden, wissen wir oft nicht, ob wir ein Produkt wirklich gut finden. Vielleicht wurde es uns einfach nur zu oft angezeigt, sodass unserem Unterbewusstsein suggeriert wird, dass wir es brauchen und letztendlich kaufen.

Es kann folglich schwierig sein, sich von den vielen Kauf-Einflüssen und Produktempfehlungen in den sozialen Medien zu befreien. Deinfluencing kann einen persönlichen Prozess anstoßen, bei dem man sich von diesen Einflüssen distanziert und lernt, unabhängiger zu denken und zu entscheiden. Ziel der Deinfluencer*innen ist unter anderem, die eigenen Fans zu der selbstkritischen Frage zu bringen: Brauche ich das Produkt wirklich?

Der Trend wurde übrigens unter anderem durch ein wissenschaftliches Review der Princeton Universität in 2020 ausgelöst. Eine weitere Studie deckte auf, dass die Modebranche jährlich bis zu 92 Millionen Tonnen an Müll verursacht, sowie 79 Millionen Liter Wasser verbraucht. Diese Zahlen sind besorgniserregend und im Kampf gegen den Klimawandel schockierend.

Was bedeutet Deinfluencing für Unternehmen?

Dass man in den sozialen Medien schnell nur Zielscheibe werden kann, ist keine neue Erkenntnis. Allerdings katalysieren Trends mit einer großen Reichweite dieses Risiko. Wir haben einige Erkenntnisse zusammengetragen.

CHANCEN

1. Der Trend rückt die Qualität des Contents in den Vordergrund – und das kann für die Social-Media-Welt eine echte Chance darstellen. Denn guter Inhalt wird belohnt: Qualität statt Quantität.

2. Dadurch, dass Influencer*innen nun sorgsamer mit der Masse ihrer Kooperationen und der Auswahl ihrer beworbenen Produkte umgehen müssen, kann das wieder zu mehr Glaubwürdigkeit und Authentizität im Influencer*innen-Marketing führen.

3. Der Trend bedeutet Aufmerksamkeit. Selbst wenn diese zunächst negativ ist, kann man professioneller Krisenkommunikation die Chance nutzen, um Klarheit rund um das Produkt zu schaffen.

4. Unternehmen können das Potenzial von User-Generated-Content (UGC) nutzen und das Vertrauen in die eigene Marke steigern. UGC hilft dabei „Fans“ des Produkts ausfindig zu machen und diese im nächsten Schritt für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Diese Fans können sogenannte Brand Lovers sein, die ein Produkt ohnehin mögen und es ohne Bezahlung bereits empfohlen haben. So entsteht authentische Werbung und Aufmerksamkeit durch organisches Wachstum.

5. Die positive Seite des Deinfluencing sind ehrliche Meinungen von Kund*innen oder Nutzer*innen, die Raum für Verbesserungen und Produktweiterentwicklungen bieten. Man kann es als eine Art kostengünstige Marktforschung betrachten, die dazu anregt die Kritikpunkte zu verbessern und dem negativen Trend entgegenzusteuern.

RISIKEN

1. Ein Imageschaden lässt sich schwer rückgängig machen. Krisenkommunikation ist enorm wichtig, sollte das eigene Produkt oder die Firma in der Kritik stehen. Bei jeder Kampagne sollte das schlimmste Szenario mitgedacht werden – so lässt sich der Schaden hinterher begrenzen.

2. Die Kommunikation rund um ein Produkt muss authentisch und echt sein. Wissen und Fakten statt leerer Versprechen. Hier zählt: Expert*innen und glaubwürdige Influencer*innen mit redaktionellem Anspruch anstatt auf die höchste Reichweite zu setzen.

3. Breit gestreute Kooperationen mit vielen Influencer*innen zur gleichen Zeit erhöhen die Aufmerksamkeit, jedoch auf Kosten der Glaubwürdigkeit. Außerdem kann ein Hype in der aktuellen Entwicklung auch schnell umschlagen.

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