Startseite » Blog » Konstruktive Online-Debatten mithilfe Moderation fördern

Konstruktive Online-Debatten mithilfe Moderation fördern

Eine Community muss wie ein Garten gepflegt werden, besonders in Zeiten, in denen das Unkraut in Form von Hass und Hetze wuchert und die Früchte konstruktiver Diskussionen überschattet. Wie können Online-Diskurse in Kommentarspalten von Moderator*innen als sinnbildlicher Garten „gepflegt“ werden? In einem Forschungsprojekt in Kooperation mit der Landesanstalt für Medien NRW entwickeln und erproben Marc Ziegele und Dominique Heinbach die Moderationsstrategie des interaktiven Empowerments.

Auf dem Weg zu konstruktiven Online-Debatten

Kommentarbereiche unter öffentlichen Social-Media-Posts tragen nicht nur zum deliberativen Potenzial des Internets bei, indem sie eine direkte und niedrigschwellige Möglichkeit für Nutzer*innen zur Partizipation am öffentlichen Diskurs bieten, sondern können in Form eines konstruktiven Meinungsaustauschs mit einer gesunden und diskussionsfreudigen Community auch einen Wettbewerbsvorteil für öffentliche Akteure darstellen.

Allerdings scheinen die wütenden Scheinriesen die Debatten in den Kommentarbereichen fest im Griff zu haben. Auch wenn sie de facto eine kleine, lautstarke Minderheit der Nutzerinnen und Nutzer darstellen, tragen sie massiv zur Verrohung der Umgangsformen in Online-Räumen mit zivilen Inhalten und Engagementformen bei. Studien belegen, dass das Lesen von Hasskommentaren neben der Polarisierung von Meinungen und dem Schüren von Vorurteilen gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten auch die Wahrnehmung der Qualität der entsprechenden Beiträge mindert. Kurzum: Die von Kommunikationswissenschaftler*innen unter dem Begriff „Dark Participation“ zusammengefassten hetzerischen Kommentare färben negativ auf die gesamte Medienmarke ab.

Zivilgesellschaftliche Aktionsgruppen, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) und weitere Initiativen der Aufsichtsbehörden gelten seit Jahren als wichtige regulatorische Bausteine zur Eindämmung von Hass und Hetze im Netz. Auch die publizierenden Akteure selbst, wie etablierte Medien, gehen mit einem professionalisiertem Community-Management gegen rechtswidrige Äußerungen vor.

Neben dem Freischalten, Löschen oder Verbergen von Kommentaren können Moderatorinnen und Moderatoren auch interaktiv vorgehen: Bei dieser Strategie zeigen Moderatorinnen und Moderatoren Präsenz in den Kommentaren und gehen mit eigenen Beiträgen auf die Diskutierenden ein. Während beide Ansätze den Diskurs nachweislich positiv beeinflussen, verschenkt die Fokussierung auf „lautere“ Kommentare Potenziale auf dem Weg zu einem verbesserten Diskussionsklima. Tatsächlich finden sich unter den Postings oftmals bereits wertvolle und konstruktive Beiträge zur Debatte, die von den Nutzer*innen verfasst wurden, bei der Moderation jedoch unberücksichtigt bleiben.

Mit dem Konzept des interaktiven Empowerments legen Marc Ziegele und Dominique Heinbach in ihrem Forschungsprojekt den Fokus auf bereichernde Kommentare, mit dem Ziel, konstruktive Debatten zu fördern, anstatt lediglich destruktive Beiträge zu minimieren.

Was ist die Empowerment-Moderation?

Das in der Studie entwickelte KASI-Prinzip gibt Moderator*innen drei empowernde Moderationsstile an die Hand bzw. bietet diese an, die sich in ihrer Zielsetzung und Ansprache der Nutzer*innen unterscheiden:

Der kognitive Stil (K) zielt auf die Schaffung eines inhaltlichen Mehrwerts in Online-Diskussionen durch eine sachliche Ansprache und z.B. die Bereitstellung weiterer Informationen, Argumente und Perspektiven.

Der affektive Stil (A) zielt darauf ab, Empathie in den Kommentaren zu fördern. Die Ansprache der Moderator*innen ist hierbei emphatisch und soll die Nutzer*innen dazu bewegen, persönliche Erfahrungen zu teilen. Die Gefühle der einzelnen Nutzer*innen werden authentisch anerkannt.

Der sozial-integrative Stil (SI) zielt durch seine gemeinschaftsorientierte Ansprache auf einen stärkeren Austausch der Nutzenden in den Kommentaren ab, sodass neben einer angenehmen Grundstimmung auch der Zusammenhalt gestärkt wird.

Welche Wirkungen lassen sich beobachten?

Alle drei Moderationsstile der Empowermentmoderation nehmen positive Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Nutzer*innen und tragen zu einer verbesserten Diskursqualität in den Kommentarspalten bei.

Neben einer besser bewerteten Diskursqualität in den Kommentarbereichen, nehmen die Nutzer*innen einen größeren Zusammenhalt der Community und mehr soziale Unterstützung wahr. Darüber hinaus wird die Marke hinter dem Post besser bewertet und ihr mehr Loyalität entgegengebracht.

Handlungsempfehlungen zur Anwendung der Empowerment-Moderation

  1. Konzentration auf unterstützenswerte Kommentare. Die Aufmerksamkeit sollte auf die unterstützenswerten Aspekte der Diskussion gelenkt werden, anstatt mit begrenzten Moderationskapazitäten unerwünschten Kommentaren noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
  2. Vorbildfunktion nutzen. Die eigene Community orientiert sich an Ihrem Verhalten als Moderator*in. Eine Abwesenheit in den Kommentaren vermittelt Gleichgültigkeit, während ein zu regulierendes Auftreten ein Gefühl der Bevormundung und Reaktanz auslösen kann. Im Sinne einer empowernden Moderation sollte eine respektvolle, emphatische, sachliche und integrative Kommunikation gewählt werden.

  3. Ziele des Community Managements definieren.
    Je nach Zielsetzung kommt ein anderer Moderationsstil in Frage. Möchten Sie beispielsweise das Vertrauen der Nutzer*innen in die eigene Marke stärken, so sollte der kognitive Moderationsstil gewählt werden. Für unterschiedliche Themen und Diskussionen können auch unterschiedliche Stile eingesetzt werden, die jedoch in jedem Fall mit der eigenen Markenidentität abgeglichen werden sollten.

  4. Bereitstellung von Ressourcen. Für interaktives Empowerment können neben ausreichenden personellen Ressourcen auch Handreichungen, wie z.B. Best-Practice-Beispiele, Moderationsentscheidungen beschleunigen und konsistenter erscheinen lassen.

  5. Experimente wagen. Bei Unsicherheit, welcher Moderationsstil am besten zur eigenen Marke passt, kann der kognitive Moderationsstil der erste und sicherste Schritt sein. Danach kann ein „Herantasten“ an den affektiven und sozial-integrativen Stil erfolgen.

  6. Keine Wunder erwarten. Empowermentmoderation hat nachweislich einen positiven Einfluss auf die Diskursqualität, ist aber kein Allheilmittel, um unzivilisierte Kommentarräume in respektvolle zu verwandeln. Eigendynamiken und Entgleisungen werden vermutlich immer wieder auftreten, sollten aber nicht entmutigen.

    Es ist davon auszugehen, dass sich die in der Studie festgestellten positiven Effekte mit zunehmender Dauer verfestigen und verstärken.

Fazit

Das Konzept des interaktiven Empowerments stellt den öffentlich kommunizierenden Akteuren drei unterschiedliche Moderationsstile zur Verfügung, die sich nachweislich positiv auf die wahrgenommene Diskursqualität auswirken. Auch der Zusammenhalt der Community und das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer in die Medienmarke verbesserten sich. Vor allem langfristig sehen die Forschenden in der Empowermentmoderation einen vielversprechenden Baustein für ein innovatives Community Management.

Sie benötigen Unterstützung im schnelllebigen und oft komplexen Dialog mit Ihrer Community?
Wir unterstützen Sie gerne bei der erfolgreichen Vertiefung Ihrer Kundenbeziehungen und helfen Ihnen bei der Betreuung und Pflege Ihrer Online-Community. Sprechen Sie uns an!